Insight
Fussballfans lieben es, wenn ihr Team ein Tor aus grosser Distanz erzielt. Solche Treffer sind selten und aufregend, aber riskant. Der Vergleich zum kurzfristigen Investieren liegt nahe: Es fühlt sich gut an, verspricht jedoch geringe Erfolgsaussichten.
Der Fussballanalyst Ian Graham erklärt in seinem Buch «How to Win the Premier League», dass nur 4% der Schüsse ausserhalb des Strafraums zu Toren führen, während es innerhalb des Fünf-Meter-Raums 33% sind. Genauso schwer ist es, den Markt über kurze Zeiträume (z.B. 1 Monat oder 1 Jahr) vorherzusagen. Trotzdem versuchen viele, auf kurzfristige Trends zu setzen – ähnlich wie Fans, die den Schuss aus der Distanz fordern.
Warum handeln wir trotzdem so? Drei Gründe:
Falsche Erinnerungen: Weitschuss Tore und erfolgreiche Prognosen bleiben präsenter als die vielen Fehlschläge.
Schnelle Belohnungen: Kurzfristige Gewinne sind spannender als langfristige Geduld.
Gruppenzwang: Viele Marktteilnehmer drängen zu kurzfristigen Entscheidungen, so wie Fans zu Fernschüssen.
Weitschüsse im Fussball und kurzfristige Spekulationen beim Investieren sind nur selten sinnvoll. Je kürzer der Anlagehorizont, desto höher die Unsicherheit. Während Fussball vom Risiko lebt, sollten Investitionen langfristig ausgerichtet sein.
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
Europa geniesst seit Langem hohe Lebensstandards, die sich durch grössere Anzahl an Urlaubstagen, geringe(re) Kriminalität, gesunde Ernährung und fussgängerfreundliche Städte auszeichnen – Faktoren, die wiederum zu einer höheren Lebenserwartung beitragen. Die durchschnittliche Lebenserwartung in der Europäischen Union wird auf 81,5 Jahre geschätzt, verglichen mit etwa 77,5 Jahren in den USA. Obwohl diese hart erarbeiteten Errungenschaften beachtlich sind, könnten sie gefährdet sein, wenn keine weiteren Massnahmen zur Steigerung von Produktivität und Wohlstand ergriffen werden. Der Wohlstandsunterschied zwischen den USA und Europa hat sich vergrössert: Das Pro-Kopf-BIP in den USA liegt rund 30 % über dem der Eurozone.
Europa beginnt sich zunehmend Sorgen über die wachsende wirtschaftliche und technologische Kluft zu den USA zu machen. Nicolai Tangen, Chef des norwegischen Staatsfonds, sagte in einem Interview mit der Financial Times, dass Amerikaner härter arbeiten, während Europäer weniger ambitioniert und risikoscheuer seien. Auch Peter Wennink, ehemaliger CEO des niederländischen Chip-Herstellers ASML, warnte letztes Jahr, dass Europa zurückfällt und seine Selbstzufriedenheit überwinden muss.
Doch mit den USA wirtschaftlich Schritt zu halten, ist für Europa schwierig, denn ein Grossteil der transatlantischen Kluft beim BIP-Niveau lässt sich durch ein schnelleres Bevölkerungswachstum und Washingtons finanzpolitische Grosszügigkeit (die möglicherweise nicht nachhaltig ist) erklären. Auch das höhere durchschnittliche Wohlstandsniveau in den USA sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Wohlstand sehr ungleich verteilt ist; das mittlere Wohlstandsniveau in den USA sieht ganz anders aus, wie diese Grafik zeigt:
Dennoch geht es den Amerikanern in finanzieller Hinsicht besser. Ein wesentlicher Grund dafür liegt in ihrer Herangehensweise an die Geldanlage: Sie kaufen viel eher Aktien, während Europäer ihre Ersparnisse in ertragsschwachen Bankeinlagen horten.
Diese Risikobereitschaft hat sich ausgezahlt: 2008 entsprach die Marktkapitalisierung des europäischen Stoxx 600 in USD in etwa der des S&P 500; heute ist der Unterschied enorm!
Der Mangel an europäischen Technologie-Champions und niedrigere Ausgaben für Forschung und Entwicklung könnten die Wohlstandslücke weiter vergrössern. Europa muss aufholen, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können – sowohl durch höhere Investitionen als auch durch effizientere Nutzung von Kapital.
Wenn die Europäer ihren Lebensstil bewahren wollen, müssen sie ihre Anstrengungen verstärken.
Wie immer danken wir für das uns entgegengebrachte Vertrauen!
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